23.9. Infoabend zum Antifa-Ost-Verfahren

Seit September 2021 läuft in Dresden der erste Gerichtsprozess im Antifa-Ost-Verfahren. Zwei solidarische Menschen aus Thüringen berichten am Vorabend des Schanzenfestes über den aktuellen Stand des Verfahrens und über die bald zweijährige Untersuchungshaft der Angeklagten Lina.
Freitag 23.9.2022 19 Uhr Rote Flora

Liebe Anwohner*innen und Gewerbetreibende,

Am 24. September findet nach fünf Jahren Pause wieder ein Straßenfest im Schanzenviertel unter dem Motto Antifa por la vida statt.

Wir wollen mit dem diesjährigen Straßenfest im Schanzenviertel ein starkes Signal der Solidarität an alle von Repression betroffenen Antifaschist*innen senden. Insbesondere an die Betroffenen des Antifa Ost-Verfahrens und die Antifaschistin Lina, welche inzwischen seit über anderthalb Jahren im Knast sitzt. Vorgeworfen werden militante Auseinandersetzungen mit organisierten Nazikadern und rechten Netzwerken in Sachsen.

Bewegte Stadtteile wie das Schanzenviertel, St. Pauli und viele soziale Projekte würde es heute nicht geben ohne aktiven Antifaschismus. Die Auseinandersetzungen im Handgemenge wurden in den 80er Jahren gegen Naziskins im Karoviertel geführt oder als Aktionen gegen organisierte Faschist*innen, die sich hier im Stadtteil breitmachen wollten. Antifa steht für das Leben und einen widerständigen, sich selbst ermächtigenden und solidarischen Aktivismus, der breit aufgestellt ist und unterschiedliche Realitäten wahrnimmt, sich selbst hinterfragt und notwendigerweise immer wieder auch Gesetze bricht, vor allem dort, wo das Leben von Menschen existenziell bedroht ist. Dem, was uns als rechte Welle und auf vielen Ebenen an Hass entgegenschlägt, können wir nur gemeinsam, transnational und emanzipatorisch begegnen.

Wie immer ist das Schanzenfest kein fertiges Event, sondern eine Plattform für alle, die eigene Aktionen und andere Beiträge veranstalten wollen. Aber natürlich wird es auch Musikbühnen und Soundsysteme, einen unkommerziellen Anwohner*innenflohmarkt und Infostände geben. Das Schanzenfest ist wie üblich unangemeldet und unkommerziell – professionelle Stände sind unerwünscht. Solidarischer Umgang und kein rassistisches, sexistisches, homophobes oder sonstiges Scheißverhalten sollte selbstverständlich sein.

Das Fest findet wie die letzten Male wieder in der Bartels-, Schanzen-, Ludwig- und Sternstraße statt. Auch in diesem Jahr soll Geld gesammelt werden nicht nur für die Durchführung des Festes, sondern auch zur Unterstützung von antifaschistischen Initiativen. Von den Ständen auf dem Schanzenviertelfest wird zu diesem Zweck eine solidarische Spende erwartet.
Einige Bereiche werden abgesprüht für Rettungswege und gemeinsame Infrastruktur wie Bühne, Technik usw. Wir bitten alle, diese Bereiche freizuhalten und zu respektieren. Bitte parkt im Bereich des Fests (siehe Stadtplan) rechtzeitig eure Fahrzeuge um!

Wir wollen auf dem Fest gemeinsam und entschlossen auf Übergriffe und Provokationen reagieren, aber auch besonnen auf die Sicherheit von Teilnehmenden ohne Pass oder traumatisierten Menschen achten. Mit dem Schanzenfest wollen wir einen Teil dazu beitragen, die Solidarität mit Antifaschist*innen und allen von staatlicher Repression betroffenen Menschen weiterzuentwickeln.
In diesem Sinne wünschen wir uns allen ein solidarisches Schanzenfest und einen sonnigen Tag!

Schanzenfest 2022
Free Lina – Free them all!
Antifa por la vida!

antifaschanzenfest.blackblogs.org
antifaschanzenfest@nadir.org

Line up+++Stand Bühnenprogramm+++

13:30 Uhr HardChor
Punkchor

https://sz.nadir.org/hardchor/

14:45 Uhr Beton de rouge
Beton Punk

https://beton-de-rouge.bandcamp.com

15:45 Uhr Sparclub
Discounter Punk

https://sparclub.bandcamp.com

16:45 Uhr Kratzer
D-beat HC

https://kratzer.bandcamp.com

17:45 Uhr Tião
Two-piece Hardcore-Punk

https://tiaopunx.bandcamp.com

18:30 Uhr Dunkle Strassen
Weed&scream

https://dunklestrassen.bandcamp.com

19:15 Uht Géraldine Schabraque
Chanteuse

https://www.instagram.com/geraldineschabraque/?hl=de

20:15 Uhr Notgemeinschaft Peter Pan
D. I. Y. Punk

https://notgemeinschaftpeterpan.bandcamp.com

21:30 Uhr Jesus Skins
77ger Oi-Punk

https://twistedchords.bandcamp.com/album/tc186-jesusskins-unser-kreuz-braucht-keine-haken

 

Samstag 24.09.2022 – Schanzenfest für konsequenten Antifaschismus!

Free Lina – Free them all!

Bewegte Stadtteile wie das Schanzenviertel, St. Pauli und viele soziale Projekte würde es heute nicht geben ohne aktiven Antifaschismus. Die Auseinandersetzungen im Handgemenge wurden in den 80er Jahren gegen Naziskins im Karoviertel geführt oder als Aktionen gegen organisierte Faschist*innen, die sich hier im Stadtteil breitmachen wollten. Sie wurden geführt nach der Wiedervereinigung, als autonome Gruppen nach Rostock-Lichtenhagen und Mannheim-Schönau gefahren sind, im Versuch, die dortigen Pogrome zu stoppen. Oder indem Nächte damit verbracht wurden, gemeinsam zu verhindern, dass noch mehr Menschen bei Brandanschlägen auf Unterkünfte von Geflüchteten ermordet werden.

Jugendliche mit und ohne Migrationshintergrund haben sich dabei immer wieder selbst organisiert, um gewalttätige Nazibanden, die von national befreiten Zonen träumten und diese durch Gewalt und ein Klima der Angst durchsetzen wollten, von der Straße zu jagen. Diese Auseinandersetzungen sind nicht Geschichte, sondern an vielen Orten Kämpfe der Gegenwart.

Wir wollen mit dem diesjährigen Straßenfest im Schanzenviertel ein starkes Signal der Solidarität an alle von Repression betroffenen Antifaschist*innen senden. Insbesondere an die Betroffenen des Antifa Ost-Verfahrens und die Antifaschistin Lina, welche inzwischen seit über anderthalb Jahren im Knast sitzt. Vorgeworfen werden militante Auseinandersetzungen mit organisierten Nazikadern und rechten Netzwerken in Sachsen. Von der Bundesanwaltschaft wird inzwischen ein Vergewaltiger als vermeintlicher Kronzeuge für Ermittlungskonstrukte gegen Antifaschist*innen aufgebaut.

Während die Ermittlungsbehörden trotz der massiven Ausmaße an Bewaffnung und Menschenfeindlichkeit nur sehr zaghaft gegen rechtsterroristische Strukturen vorgehen, werden gleichzeitig die Mittel der Terrorbekämpfung immer öfter gegen antifaschistische Aktivist*innen eingesetzt. Die Verfahren sind eingebunden in einen gesellschaftlichen Rechtsruck und eine Akzeptanz rechter Netzwerke, die sich auch innerhalb der parlamentarischen Politik, bei der Polizei oder beim Verfassungsschutz wiederfinden. Der Fisch stinkt vom Kopf her.

Uns interessiert nicht die Frage der Legalität und möglicher „Schuld“ oder „Unschuld“ von Antifaschist*innen. Uns interessiert vielmehr, wie wir unsere Stadtteile und Strukturen schützen können vor Angriffen von Nazis, gegen Männergewalt, gegen polizeiliche Übergriffe oder politische Verfahren; wie wir gesellschaftlich gemeinsam aktiv werden können gegen Neonazismus und Rechtspopulismus, gegen Hufeisen- und Verschwörungstheorien; wie wir die EU-Außengrenzen offen für Menschen machen können und wie wir gegen antifeministische und neokoloniale Diskurse der neuen Rechten in die Offensive kommen.

Antifa por la Vida

Antifaschismus hat viele notwendige Ausdrucksformen. Die Erinnerungsarbeit an die Shoa und an deutsche Verbrechen im Nationalsozialismus. Die inhaltliche Auseinandersetzung mit Verschwörungstheorien und verkürzter Kapitalismuskritik, Interventionen gegen Antisemitismus, Antifeminismus und Rassismus sowie Mobilisierungen gegen Naziaufmärsche. Selbstverteidigung gegen organisierte Nazis ist dabei kein Avantgardismus, sondern ein unverzichtbarer Bestandteil unseres Alltags und unserer Praxis.

Wir stehen an der Seite von allen emanzipatorischen Aktivist*innen, die in Städten und Dörfern den Aufbau von national befreiten Zonen verhindern, die sich dem Aufbau rechter Terrornetzwerke durch Recherche und Dokumentationsarbeit entgegenstellen und faschistische Strukturen in der Nachbarschaft, in Betrieben, in staatlichen Behörden, bei Polizei oder Bundeswehr öffentlich machen. Wir stehen an der Seite von Fußballfans, die gegen Nazis in der Kurve aktiv sind, von Sea-Antifas, die auf dem Mittelmeer unterwegs sind, um Menschenleben zu retten und hierfür kriminalisiert werden. An der Seite von Antirassist*innen, die an der polnischen Grenze zu Belarus oder auf der Balkanroute gegen ein mörderisches europäisches Grenzregime aktiv sind. Rechtspopulistische Ideologien, Nationalismus und faschistische Gruppen sind weltweit ein massives Problem. Der antifaschistische Widerstand ist transnational und grenzüberschreitend.

Antifa steht für das Leben und einen widerständigen, sich selbst ermächtigenden und solidarischen Aktivismus, der breit aufgestellt ist und unterschiedliche Realitäten wahrnimmt, sich selbst hinterfragt und notwendigerweise immer wieder auch Gesetze bricht, vor allem dort, wo das Leben von Menschen existenziell bedroht ist. Dem, was uns als rechte Welle und auf vielen Ebenen an Hass entgegenschlägt, können wir nur gemeinsam, transnational und emanzipatorisch begegnen. Durch spektrenübergreifende Solidarität, Aussageverweigerung, der inhaltlichen Thematisierung dessen, um was es geht, was der Einsatz ist und welche Bedeutung es hat, wenn wir diese Auseinandersetzungen verlieren.

Der derzeitige Angriff ist umfassender als die Repression durch einzelne Verfahren gegen antifaschistische Milieus. Über Extremismustheorien wird eine gesellschaftliche Mitte konstruiert, die von extremistischen Rändern klar abgegrenzt werden soll.

Wer oder was hier Mitte und Teil der Gesellschaft ist und was vermeintlich nicht dazu gehört, definieren in dieser autoritären Figur zunehmend rechtsoffene und rechtskonservative Akteur*innen. Wie Diskurse sich nach rechts verschieben, wird durch die aggressive Politik der AFD deutlich, deren Initiativen, antifaschistischen Jugendprojekten den Geldhahn zuzudrehen, immer öfter erfolgreich sind. Geballert wird auf alles, was als emanzipatorische Errungenschaft erscheint, sexuelle Aufklärung, Frauen*- und Transgenderrechte, Gleichstellung, CO2-Reduzierung, faire Bezahlung und Gemüse in der Schulkantine, gefordert werden stattdessen patriarchale Famillienwerte, Heimatliebe, sexistische Ballermannschlager und deutsches Grillfleisch ohne Tempolimit.

Antifa heißt deshalb nicht nur, organisierte Nazistrukturen anzugreifen oder deren Aufmärsche zu verhindern, sondern die Auseinandersetzung gegen autoritäre und ausgrenzende Gesellschaftsvorstellungen zu führen und eigene neue Ideen und radikale Inhalte zu besetzen, um Diskurse zu verschieben. Unsere unterschiedlichen Lebensentwürfe in ihrer Diversität auf die Straße zu tragen und sämtlichen hegemonialen Vorstellungen von dem, was wir sind oder sein sollten, eine Absage zu erteilen.

Auf die Straßen und Selbstschutz organisieren

Mit dem Schanzenfest wollen wir nicht nur ein Signal der Solidarität senden und einen Ort des Zusammenkommens und der Raumnahme herstellen, sondern mit Solidaritätsständen auch Geld für antifaschistische Initiativen und Antirepressionsarbeit sammeln.

Das Straßenfest wird am 24. September von 9:00 bis 22:00 Uhr in der Bartelsstraße, Schanzenstraße, Ludwigstraße und Sternstraße stattfinden. Wir gehen davon aus, dass die entsprechenden Bereiche zur Verkehrssicherung abgesperrt sind. Im Bereich der Schanzenstraße ist ein spezieller Bereich für Initiativen und Soligruppen vorgesehen. Außerdem ist eine Livebühne mit kulturellen und inhaltlichen Beiträgen geplant. Bitte achtet auf Hinweise und Markierungen.

Das Schanzenfest wird wie in den Jahren vor Corona von allen selbstorganisiert und unangemeldet stattfinden. Dies heißt allerdings nicht, dass Corona vorbei ist! Wir bitten alle, das im Kopf zu behalten und ggf. verabredete Hygienemaßnahmen in freier Vereinbarung zu beachten. Gut vermummt – bleibt stets gesund. Generell halten wir es für sicherer und besser, sich die Straße zu nehmen, als in geschlossenen Räumen zu feiern. Wir finden gut, wenn sich Leute vorher schnelltesten und bei Krankheitssymptomen selbstverständlich zuhause bleiben.

Es wird auch wieder Platz für einen Anwohner*innenflohmarkt ohne kommerzielle Stände geben. Alle sind aufgefordert, ihren Müll anschließend wieder zu entsorgen, auf dem Straßenfest Rücksicht zu nehmen und auf Flucht- und Rettungswege zu achten. Es gibt wie immer keine Standgebühren. Auf dem Fest werden von Solidaritätscrews stattdessen Spenden für antifaschistische Arbeit gesammelt. Alle sind zudem aufgefordert, bei faschistischen, sexistischen, rassistischen oder anderen Übergriffen aktiv einzugreifen. Wir wünschen allen ein schönes Fest!

Dem gesellschaftlichen Rechtsruck in die Beine grätschen! Antifaschismus verteidigen!

https://antifaschanzenfest.blackblogs.org